WCTP Kongress 2023 - Inhalte und Ausblicke
Alle zwei Jahre findet der Kongress WCTP (World Congress on Tattoo and Pigment Research) statt. Dieses Jahr fand dieser vom 24. - 26. Mai in Wien statt. Auch wir von Body Cult waren zu diesem wichtigen Ereignis eingeladen.
Rund 200 Teilnehmer aus verschiedenen Ländern Europas und der Welt nahmen daran teil. Der Kongress zieht nicht nur Fachleute aus der Tattoobranche an, sondern auch Wissenschaftler, Ärzte, Behörden und PMU-Künstler. Wir informieren euch hier kurz und bündig über alle wichtigen Infos und Ausblicke für die Tattoobranche.
Workshop für Künstler
Ganz neu im Programm war in diesem Jahr ein Workshop für Künstler. Gemeinsam mit internationalen Experten aus verschiedenen Bereichen wurde dieser kreiert, um praktische Empfehlungen zu unerwünschten Hautreaktionen bei Kunden zu geben.
Der Workshop umfasste grundlegende Unterscheidungen von Hautkomplikationen, chemische Gefahren, die Verantwortung des Künstlers in Bezug auf Farbe, Nachsorge, Hygiene sowie ein kurzes Training zur Hautkrebserkennung - bei Letzterem war die ABCDE-Regel eines der wichtigsten Inhalte.
REACH und Marktüberwachung
Den 05.01.2022 haben sicherlich einige von euch als schwarzen Tag der Tattoo-Branche in ihrem Kalender vermerkt. Ab diesem Tag wurden einige wichtige Bestandteile wie bestimmte Konservierungs- und Bindemittel aus den Tattoofarben verbannt.
Dies wurde in der sogenannten REACH-Verordnung festgehalten. Durch das Verbot von Pigment Green 7 und Blue 15:3 gehörten bunte Tattoos von da an der Vergangenheit an. Betroffen waren aber nicht nur grüne sowie blaue Farben. Zum damaligen Zeitpunkt waren die betroffenen Pigmente in rund 2/3 aller Farben auf dem deutschen Markt enthalten.
Kein Wunder also, dass auch das Thema REACH ein großer Bestandteil des Kongress war. Doch was genau wurde besprochen und wie sieht die Zukunft der Tattoo Farben aus?
Bereits auf dem WCTP-Kongress im Jahr 2021, also im Vorfeld von REACH, wurde die Konzentration von Aldehyden als größtes Problem genannt. Hierbei geht um die betreffenden Rohstoffe sowie die in einigen nationalen EU-Gesetzen vorgeschriebene Sterilisation. Eine Lösung dieses Problems könnte eine grundsätzliche Änderung der Grenzwerte von Aldehyden und anderen problematischen Stoffen sein. Durch nationale Gesetze in den unterschiedlichen Ländern, ist der freie Vertrieb in der EU behindert. Auch Kennzeichnungs- und andere Anforderungen können in den Mitgliedsstaaten variieren.
Wie sicherlich alle von euch mitbekommen haben, wurde im Januar 2023 noch erschwerend das Verbot von Blue15 hinzugefügt. Auch dieses Verbot wurde durch die REACH-Verordnung erlassen und führte zu einem Verlust von circa 66% der aktuellen Tattoofarben.
Kein Wunder also, dass auch dieses Verbot ein großes Thema war. Einige der derzeitigen "Alternativen", nämlich Blue61, bergen das Risiko einer Kontamination mit dem Karzinogen Anilin (blutveränderndes Gift) und stellt daher im Vergleich zu Blue15 ein erhöhtes Risiko für die Gesundheit dar.
Ihr wundert euch nun sicher, wieso das vergleichsweise harmlosere Blue15 verboten ist, während das Blue61 weiterhin erlaubt ist.
Das Pigment Blue15 wurde bereits in den 70er-Jahren in Haarfärbeprodukten untersagt. Da es von Seiten der Tattoobranche kein angemessenes Dossier zur toxikologischen Beurteilung der Pigmente gab, bildete das Verbot aus den 70er-Jahren die Grundlage für das Verbot in der Tattoobranche.
Neben all den negativen Nachrichten gibt es aber auch eine gute Nachricht betreffend der Sicherheit von Tätowierungen und PMU's. Verunreinigungen von Tinte mit hohen Mengen an krebserregenden Substanzen wie polyaromatischen Aminen (PAA) und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PKA) wurden bei der Marktüberwachung weniger häufig festgestellt.
Verbände
Auf dem Kongress wurde sich des Weiteren auch mit Erhebungs- und Forschungsprojekten, die von den verschiedenen Tätowierorganisationen aus Frankreich, Deutschland und Schweden erhoben werden, beschäftigt. Diese Daten sind besonders hilfreich, um Veränderungen nach REACH in dieser speziellen Gruppe zu beobachten.
Die Verbände veröffentlichen zunehmend auch rechtliche Rahmenbedingungen für die Ausbildung von Tätowierern oder Hygienevorschriften. Hier macht die Tattoobranche eine wichtige Entwicklung in Richtung Sicherheit beim Tätowieren.
Kliniken & Forschung
Die Forschung im Bereich Tätowieren und deren Komplikationen floriert.
Alte und neue Komplikationen von Tattoo Farben, Histopathologie und Allergiediagnostik, welche eine Brücke zwischen Diagnose und Forschung schlagen, wurden vorgestellt.
Nebst neuen epidemiologischen Studien, Methoden zum Nachweis von Stoffwechselprodukten und gefährlicher Chemikalien, gibt es auch neue Daten über die Kinetik der Tinte im Körper. Mit Hilfe dieser Daten kann dazu beigetragen werden, Praktiken und Chemikalien zu ermitteln, die unsicher sind und gleichzeitig dabei helfen, sichere Chemikalien und Praktiken zu identifizieren.
Was gab es sonst Neues und wie ist unser Fazit zu dem Kongress?
Dieses Jahr gab es auf dem WCTP-Kongress zum ersten Mal ein Live-Experiment. Bei diesem wurden Poster Pitches zu unterschiedlichen Themen gehalten.
Wir waren das letzte Mal auf der Messe im Jahr 2021, als sich die REACH-Verordnung gerade im Anfangsstadium befand und die "SAVE THE PIGMENTS"-Petition anlief. Dementsprechend war es für uns ein wichtiges Ereignis, um die neuesten Entwicklungen im Bereich Tattoo Farben mitzubekommen.
Es war schön zu sehen, dass dank der kontinuierlichen Forschung an einer zufriedenstellenden Lösung für alle gearbeitet wird. Die REACH-Verordnung, so wie sie es aktuell gibt, war für die Tattoo Branche ein harter Schlag und beeinträchtigt die Arbeit von Tätowierern immer noch maßgeblich. Umso wichtigter ist es, die Forschung im Bereich der Inhaltsstoffe voranzutreiben und sich nicht auf altertümliche Forschungen aus den vergangenen Jahren zu verlassen.
Der WCTP-Kongress ist für die Tattoo Branche auf alle Fälle ein elemtares Ereignis um sich zu informieren.